Einmal Wow! ist zu wenig. Also: Wow! Wow! Wow! Riesenchallenge, Riesenshow, Riesenstimmung. Der Catwalk? Riesig. Als Heidi Klum ihn zu Beginn abläuft, kräht sie: "15.000 Zuschauer!" Und: "Wahnsinn!" Und: "Wow!" Am Ende der langen Bahn warten schon die beiden Jury-Thomase, Thomas Rath, die Torte, und Thomas Hayo, der Tiger. Die Torte: "Wahnsinn!" Der Tiger: "Wow!" Die Klum: "Die Spucke ist komplett weg, ich brauch was zu trinken!" Die Spucke ist wahrscheinlich gerade da, wo die Wörter sind. Doch: Es gibt kein Wasser! Die Klum: "Oh!" Die Torte: "Wahnsinn!" Der Tiger: "Wow!" Gibt es eigentlich Dopingkontrollen für Moderatoren?
Heidi Klum kann nur Konserve. Das weiß jeder, bloß ihr Ego nicht. Liveshows, noch dazu ein solches Großspektakel wie in der Kölner Arena gestern, überfordern sie total. Ihr Vokabular ist ohnehin nicht gerade ein reich gedeckter Tisch. In der Aufregung verhungert es schlagartig und endet in hilflosen Ausrufen. Für die vollständigen Sätze ist der Teleprompter zuständig. Gebannt klebten Klums Augen an der Spickmaschine, nur: Ablesen gehört auch nicht gerade zu ihren Stärken. Das leiert und latscht ohne Witz und ohne Tempo. Sie sollte sich vielleicht einfach mal jemanden suchen, der für sie den Abend schmeißt.
Die Torte und der Tiger waren ihr da nämlich auch keine große Hilfe. Die sind als Casting-Assistenten zwar die beste Besetzung seit Langem - der Designer Rath als Knuddler und Kummeronkel ("Ach, Schatzilein"), der Art Director Hayo als Analytiker und Angeber, an dem sich auch sprachlich schön die ganze Beknacktheit der Branche studieren lässt ("Du musst jetzt endlich mal delivern!"). Doch live erwiesen sich die beiden als Totalausfall. Bei Hayo war vom coolen Cowboy nichts mehr übrig. Seine Gesichtzüge wirkten seltsam matschig, als habe es einen Tag lang drauf geregnet. Rumpelstielzchen Rath war völlig außer Kontrolle und hätte es auch "irre toll" und "mehr als super" gefunden, wenn ihm ein Scheinwerfer auf den Fuß gekracht wäre.
Als Amelie, das 16-jährige Nesthäckchen und für viele die Geheimfavoritin, schon in der ersten Finalrunde ausschied und unter einem Heulkrampf einzuknicken drohte, guckten Klum & Co. so ratlos aus der Wäsche wie das Dreigstirn des Karnevalsvereins Bergisch-Gladbach an Aschermittwoch. Die Klum analysierte die Situation mit einem Sesamstraßen-Satz: "Jetzt haben wir eine, die weint, und zwei, die glücklich sind." So was. Und für alle, die es noch nicht wussten: "Es kann nur eine Germany's next Topmodel werden." Werbepause. Abtransport Amelie.
Die sechste Staffel stand unter dem Motto: Soap und Spektakel. Die Kandidatinnen mussten unter Wasser und aufs Trapez, sich aus Hubschraubern hängen und mit Bienen schmusen. Und sie mussten in privaten Scharmützeln Persönlichkeit und Kaltschnäuzigkeit beweisen. Mehr Leistung, mehr Drama, mehr Luxus, mehr Jetset, mehr Zuschauer. Von allem mehr. Kein Wunder, dass am Ende ein Finale stand, das vor lauter Gigantomanie kaum laufen konnte und Micky Maus war statt Mailand. Eine lärmende und eigentlich lächerliche Dauerwerbesendung.
2. PLATZ REBECCA
Den Finalistinnen auf dem Laufsteg konnte man da keinen Vorwurf machen. Sie mühten sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Sie sahen hübsch aus, lächelten tapfer, pellten sich beim "Quick Change" wieselflink aus ihren Klamotten und räkelten sich halbwegs grazil in der abschließenden "Challenge" in einer hängemattenartigen Konstruktion unterm Arena-Dach. In einer maximal gestellten "Zeugnisverlesung" schleimten sie allerdings die Jury in einem Maße voll ("Heidi, du bist das, was wir werden wollen"), dass einem ein Spruch von Rebekka vor einigen Folgen wieder in den Kopf schoss: "Wir sind Models, wir müssen nicht denken."
Wahrscheinlich sollte es einfach eine Blondine sein
Warum es Jana, "The One Million Dollar Smile" (Hayo), und nicht Rebekka auf den Topmodels-Thron schaffte, blieb unverständlich. Die Klum vor der Urteilsverkündung über Jana: "Das kann sie gut: die Gefühle rüberbringen." Über Rebekka: "Sie hat einen super anflirtenden Look und kann auch romantisch sein." Nicht die schlechteste Mischung. Wahrscheinlich sollte es diesmal einfach nach zwei dunklen Typen eine Blondine sein, eine leicht zu handhabende noch dazu.
Als eine solche galt Lady Gaga weiß Gott noch nie. Ihr Auftritt war der einzige schrille Tupfer bei dieser Veranstaltung. So als sei eine Außerirdische plötzlich in ein Kaffeekränzchen geraten. Auf der Bühne waren Guillotinen aufgebaut, unter deren Fallbeil sich die Sängerin in ihrer üblichen Strapsen-Fetisch-Kostümierung wälzte. Keine Ahnung, was das sollte, aber die Bilder blieben länger hängen als alles andere sonst an diesem Abend. "Eine irre Frau!", schrie Rath, der Torten-Thomas, und der Tiger sekundierte: "Ja, wow!"
* textauszug "sternonline.de"
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